Tech-Cluster NordOst: Zwischen Anspruch und Realität
Mit dem Ziel, gemeinsame Strukturen für Kooperation und Vertrauen zu schaffen, lud der VDMNO am 7. Oktober zum zweiten Workshop des Tech-Clusters NordOst ein. Vier engagierte Teilnehmende diskutierten offen über Chancen und Grenzen gemeinsamer Wertschöpfung. Die geringe Resonanz zeigt: Zusammenarbeit bleibt ein sensibles Thema – und ein Weg, der Mut und Offenheit verlangt. Viele Unternehmen tun sich noch schwer damit, Wissen zu teilen und Vertrauen zu entwickeln – dabei sind genau diese Voraussetzungen entscheidend, um gemeinsame Stärke zu entfalten.
Mit großen Erwartungen und klarer Zielsetzung startete der VDMNO am 7. Oktober 2025 in Berlin in die zweite Runde des Projekts Tech-Cluster NordOst. Ziel des Workshops war es, die Grundlage für eine verbindliche, vertrauensvolle Zusammenarbeit zu schaffen – in Form eines Memorandum of Understanding (MoU), das als gemeinsame Basis für künftige Kooperationen dienen sollte.
Die Idee für das Tech-Cluster NordOst entstand aus Gesprächen mit Mitgliedsunternehmen, die mehr Zusammenarbeit und Austausch über betriebliche Grenzen hinweg anregen wollten. Der VDMNO griff diesen Impuls auf und schuf den organisatorischen Rahmen für gemeinsames Handeln. Im Kern geht es beim Cluster um ein Netzwerk, in dem mittelständische Druckereien Ressourcen teilen, IT-Systeme vernetzen, Einkaufsvorteile realisieren und gemeinsam am Markt auftreten. Ein ambitioniertes Vorhaben, das beim Auftakt im Juni in Hannover auf spürbare Begeisterung gestoßen war – mit viel Enthusiasmus und Gestaltungswillen aus der Mitgliedschaft heraus.
Vertrauen als Schlüssel – und Herausforderung
Daran knüpfte der Workshop in Berlin an. Die vier anwesenden Vertreterinnen und Vertreter aus den Mitgliedsbetrieben nutzten die Gelegenheit, intensiv über Vertrauen, Offenheit und die Chancen gemeinsamer Projekte zu diskutieren. Sie brachten sich aktiv ein, stellten kritische Fragen und machten deutlich, dass Kooperation im Mittelstand kein Selbstläufer ist, sondern Mut und Bereitschaft erfordert, gewohnte Denkweisen zu verlassen.
Die Workshopleiter Daniel Thiessen und Julian Ziebarth führten eindrucksvoll vor Augen, wie andere Branchen diesen Weg bereits erfolgreich gegangen sind. Anhand von Beispielen aus der Logistik oder der Zerspanungstechnik zeigten sie, wie Wertschöpfungsnetzwerke dort echte Win-win-Strukturen geschaffen haben – mit gemeinsam genutzten Plattformen, abgestimmten Prozessen und klarem Mehrwert für alle Beteiligten. Gerade diese Praxisbeispiele machten deutlich, was in der Druckindustrie möglich wäre – wenn der notwendige Vertrauensraum entsteht. Denn die Erfahrung des Workshops zeigte auch: Es fällt vielen Unternehmen schwer, sich wirklich zu öffnen, Informationen zu teilen oder gemeinsam Strukturen zu entwickeln. Doch genau das ist die Voraussetzung, um im Sinne des angedachten Clusters Synergien zu schaffen und Innovation zu beschleunigen.
Dass sich für ein Thema von solcher strategischen Bedeutung lediglich sechs Teilnehmende angemeldet hatten, zeigt, dass die Resonanz hinter den Erwartungen zurückblieb. Zwei der Angemeldeten konnten krankheitsbedingt nicht teilnehmen, sodass der Workshop letztlich mit vier engagierten Vertreterinnen und Vertretern stattfand. Deren intensive Mitarbeit und offener Austausch verdienen umso mehr Anerkennung. Gleichzeitig macht die geringe Beteiligung deutlich, dass das Interesse an einer Fortsetzung des Formats derzeit überschaubar ist. Der Verband nimmt dies ohne Vorwurf, aber mit klarem Blick zum Anlass, die Fortführung des Projekts kritisch zu prüfen. Schließlich lebt eine Initiative wie das Tech-Cluster NordOst von aktiver Beteiligung – und kann nur dann Wirkung entfalten, wenn sie gemeinschaftlich getragen wird.
Kooperation als strategische Antwort
Die Realität in der Branche zeigt, wie dringend gemeinsame Strategien gebraucht werden. Große Player vereinen heute enorme Volumina, prägen Preise und Strukturen. Gleichzeitig entstehen kleine, hochspezialisierte Druckboutiquen, die mit handwerklicher Präzision ihre Nischen besetzen. Für viele Unternehmen dazwischen wird es zunehmend herausfordernd, ihre Position zu halten. Sich zusammenzuschließen, Ressourcen zu teilen und gemeinschaftlich zu handeln, kann für diesen Mittelstandskern eine strategische Antwort sein – auch wenn die konkrete Ausgestaltung alles andere als einfach ist.
Der VDMNO bedankt sich ausdrücklich bei allen Teilnehmenden und Referenten für die offene Diskussion und die wertvollen Impulse. Die Erfahrungen aus Berlin fließen nun in die Bewertung ein, ob und in welcher Form das Projekt weitergeführt werden kann. Klar bleibt: Die Idee gemeinsamer Wertschöpfung ist richtig – sie braucht aber den Willen zur Offenheit, um Wirkung zu entfalten. Nur wenn Vertrauen wächst, kann aus dem Ich ein Wir werden.